SEIN und HABEN

Barbara Kloska 9. November 2021

„… wir waren im Sommer am Meer – und ich bin mit Papa schon ganz weit geschwimmt …“

Hihi …
Diese Kleinen sind ja so süß – auch wenn (oder gerade wenn) die deutsche Sprache mit ihren unregelmäßigen Verben die eine oder andere Stolperfalle stellt.

Ist aber auch nicht einfach.
Selbst wir Erwachsenen tappen doch ins eine oder andere Fettnäpfchen.
Allein mit den Verben HABEN und SEIN gibt es nichts Eindeutiges.

HABE ich die Strecke gelaufen, oder BIN ich sie gelaufen?
HABE ich an der Haltestelle gesessen, oder BIN ich dort gesessen …

Richtig oder falsch ist oft durch die Region festgelegt, wo dieser Satz gesprochen wird.

Im Norden z. B. hieße es, ich habe dort gesessen, während man am Rande der Alpen eher meint, ich bin dort gesessen.

Mich verwundert nicht, dass die Richtigkeit von HABEN oder SEIN vielfach eine Sache der persönlichen Auslegung ist.

Damit kann ich mich weitgehend abfinden.

Weitgehend - aber eben nicht absolut und immer.
Denn da gibt es auch die Fälle, da kann ich nicht ruhig bleiben, wenn jemand allzu salopp mit HABEN oder SEIN umgeht.

Nämlich dann, wenn es zum Beispiel heißt:

DU BIST FETT!

Da könnte ich in die Luft gehen! (okay, gerade wegen des Übergewichts auch gerade eher nicht ☹)
Aber dennoch macht mich dieser Satz DU BIST FETT! rasend wütend! Und das hat nichts mit falscher Selbstwahrnehmung oder Eitelkeit zu tun!

Hey! Selbst mit meinen 20 kg Übergewicht BIN ICH NICHT FETT!

Ich HABE Fett! Das bestreite ich nicht – aber ich BIN nicht FETT.

Ich bin eine Frau mit guten und schlechten Gewohnheiten, einem bestimmten (wenn auch zu hohen) Gewicht, bin eine Gattin, eine Mutter, eine Freundin, eine Nachbarin, eine Kollegin, … und und und.
Aber mich darauf zu reduzieren, was meinen Körper polstert, finde ich eine Frechheit.
Ich denke, ich bin viel viel mehr als das Fett, das sich in meinem Körper eine Existenzberechtigung ertrotzt hat.

Ein vergleichbarer Aufreger ist, wenn jemand sagt:
DU BIST SCHULD!

Nee, bin ich nicht.

(siehe oben)

Ich HABE Schuld … das mag in dem einen oder anderen Fall so sein. Aber mehr eben auch nicht. Ich weigere mich, die Rolle der personifizierten SCHULD anzunehmen.

Na, na na … rollt da jemand genervt die Augen gen Himmel?
Weil er meint, ich bewerbe mich um die Meisterschaft im Haarespalten?

Falsch! Tue ich nicht!
Ich möchte lediglich den Fokus auf diese Kleinigkeit im Sprachgebrauch lenken und die Auswirkung vor Augen führen, wenn SEIN mit HABEN verwechselt wird.

Das passiert leider viel zu oft.
Und nur so konnte sich irgendwann dieses „HAST du was, dann BIST du was“ als Redewendung etablieren.

Dass diese zeitnah ihre Gültigkeit verliert, ist kaum zu erwarten.
Doch an den Grundfesten zu rütteln, dass sie an Stabilität verliert, ist erlaubt und einen Versuch wert.

Vielleicht mit dieser Sicht der Dinge:

Was du hast, können viele haben – aber was du bist, kann keiner sein.

Keiner ist wie du – und genau darin liegt deine Stärke.
Nutze sie!

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